© Metaxytheriumskelett Pervesler Uni Wien
Die geologische Situation
Wir befinden uns vor etwa 20 Millionen Jahren im Tertiär, der Periode Neogen und der geologischen Epoche des Miozän. In unserem heutigen Bereich des Weinviertels gab es damals Seekühe (berühmtester Fund aus Kühnring), Haifische und Riesenaustern. Die Ablagerungen des damaligen Molassemeeres stammen aus dem Untermiozän und dem namensgebendem Eggenburgium. Die Sedimente des Eggenburgium sind datiert mit etwa vor 21,5 bis 18,1 Mio Jahren. Am Rand des Tethys Meeres begannen seit 35 Mio Jahren Inselketten aus dem Meer herauszuwachsen. Dann zerfiel der riesige Ozean und die Paratethys entstand als Binnenmeer. Direkt am Rand der Böhmischen Masse, der Grenze zwischen Wald- (damals Festland mit tropischen Sumpfwäldern und Rest des ehemaligen Hochgebirges vor 250 Mio Jahren) und Weinviertel (damals offenes Meer der Paratethys).
Die heute flachen landwirtschaftlich genutzten Flächen stimmen mit dem einstigen Meeresspiegel in etwa überein, die Kuppen waren damals der Küste vorgelagerte Inseln. Somit steht die Retzer Windmühle noch auf dem Granit der Böhmischen Masse, direkt an der Küste des Tethys Meeres. Unterhalb der Retzer Windmühle muß man sich die Brandungszone der Küste vorstellen, abgerundete Steine zeugen auch noch heute von der Kraft der einstigen anbrandenden Meereswellen. Im sogenannten Ottnangium (vor 18,1 bis 17,2 Mio Jahren) verlief dann die Küstenlinie bei Obermarkersdorf über Unternalb nach Retz. Somit ist also auch Ober-Nalb im Flachwasserbereich der Küstenzone gelegen, wovon auch heute noch der feine und weiße Meeressand in den Kellern Zeugnis ablegt. Der Sand ist über die Millionen von Jahren komprimiert worden und seine Festigkeit ist der Grund warum diese Keller nicht extra gewölbt werden müssen, da der Sand die künstlichen Wölbungen hält. Kratzt man an den Wänden, so rieselt feinster Sand wie an heutigen tropischen Sandstränden herunter.
© Tethys TU Wien
Keller im Raum Retz
Der wohl berühmteste Keller (oder besser berühmtestes und mehrstöckiges Kellersystem) ist der Retzer Erlebniskeller mit einer geschätzten Gesamtlänge von etwa 20 Kilometern. Seit dem Privileg von Kaiser Friedrich III. im Jahre 1458 hat die Stadt das Recht zum Weinhandel bekommen. Die ältesten Keller gehen also auf diese Zeit zurück, jedoch entstanden die meisten Keller auch erst im 18.Jahrhundert.
Die Namen Johann Liebl oder Karl Mössmer zeugen auch heute noch von dem seinerzeit florierenden Weinhandel, riesige Weinmengen lagerten in den Retzer Kellern, so sind für 1780 sage und schreibe 47.842 Hektoliter überliefert und der Export des Weines ging von Retz nach Böhmen, aber bis Polen und sogar Russland. Der Retzer Keller ist teilweise gemauert, aber große Teile sind auch dem puren Sand überlassen, bei einer Sandmächtigkeit des Quarzsandes von etwa 30 Metern. Das Privileg des Weinhandels des Retzer Bürgertums brachte die Bauern in drastische Abhängigkeit, konnten sie doch die Ernte nur direkt in Retz abliefern und nicht eigenständig produzieren und vermarkten. So muß es wohl ein tiefer Schock für die Retzer Bürger gewesen sein, als sich die Situation Mitte des 18.Jahrhunderts fundamental änderte.
Ein Patent von höchster Stelle aus dem Jahre 1768 beendete diese Privilegien, in einem Kreisamtszirkular vom 15. November 1769 heißt es: „… daß der freye Handel mit allen gattungen deren Landesproducten denen Gütter-Besitzern, Weinholden und dem Bauern Stande auf das gantze Jahr verstattet, und das disfällige schädliche Privativum des Burger-Standes in diesem Land, wo noch einiges bestehet, gänzlich aufgehoben werden solle“. Damit war der Weg zur selbständigen Weinproduktion für die Bauern frei und dies war wohl auch der Startschuß für die rege Kellergrabtätigkeit in der gesamten Region. In der Hoch-Zeit des Kellergrabens im 18.Jahrhundert sind für den Zeitraum 1750 bis 1800 in Ober- und Mitterretzbach beispielsweise 13 neue Keller überliefert und zwischen 1800 und 1840 nochmals 12 neue Keller.